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2005

Auswärtiges Amt

Ein Behördenparcours

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September 2005.

Der Standort Deutschland ist nicht mehr zu halten. Auf einer Pressekonferenz gibt der Regierungssprecher den Bankrott der Bundesrepublik bekannt. Nach einer Krisensitzung der EU wird beschlossen, Deutschland zu zerschlagen und die einzelnen Teile an interessierte Staaten zu verkaufen. Für die meisten Bundesländer haben sich inzwischen Investoren gefunden.

Nur Sachsen Anhalt ist noch übrig.

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Die letzte Möglichkeit Sachsen Anhalt zu verlassen, bot sich vom 22.09. bis 01.10.2005. In dieser Zeit konnten sich Ausreisewillige im S-Bahnhof Halle-Neustadt bei einer provisorischen Außenstelle des Auswärtigen Amtes für eine Übernahme in eine der innerdeutschen Kolonien bewerben. Aber die Anzahl der Visa für Wirtschaftsflüchtlinge war begrenzt.

Der riesige Bahnsteig des S-Bahnhofs Halle-Neustadt und die beiden Gebäude an seinen Enden wurden für dieses Projekt in eine undurchsichtige Behörde verwandelt, die der Zuschauer nach seiner Antragstellung auf eigene Faust durchlaufen musste. Wer sich bewährte und ein Visum erhielt, konnte das Amt am Ende mit neuen Papieren und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft verlassen. Alle anderen mussten bleiben.

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Konzept & Realisation: Esther Steinbrecher, Jörg Giese

Ausstattung: Viola Weltgen

Videoschnitt: Sebastian Fitz

Produktion: Freunde von Frau Schmidt in Kooperation mit dem Thalia Theater Halle und Bauhaus Dessau

Projektzeitraum: September / Oktober 2005

Parcourspremiere: 22.09.2005 im S-Bahnhof Halle-Neustadt

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Eingeladen zum Festival Internationale Sommerschule Halle 2005

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Tränen werden beim Anschied in Halle-Neustadt nicht vergossen. Fröhlich kräht eine Gruppe Menschen "Auf Wiedersehen, Sachsen-Anhalt" und "Tschüss, Halle!" in den Nachthimmel. Wer sich am Bahnhof der einstigen Chemiearbeiter-Schlafstadt aufhält, winkt zurück. Die meisten Leute hier kennen die Prozedur. Sie haben sich an den Anblick von mit Akten bestückten, manchmal auch kleine Gläschen mit Urin tragenden Petitenten gewöhnt. Jetzt freuen sie sich mit denen die aus dem Bahnhof hinaus zu einem Flugzeug streben, das sie in das Land ihrer Wünsche tragen wird. Denn die Glücklichen haben den Trainingsparcours des 'Auswärtigen Amtes' erfolgrich absolviert.

'Auswärtiges Amt' ist eine Hybride aus politischer Travestie, Theater, Intervention und Live-Rollenspiel (...)

Fast wie ein echter Wirtschaftsmigrant schlägt man sich durch einen Dschungel aus Gesetzen, Behördenwillkür, absichtlichen und zufälligen Barrieren. Man lässt sich begutachten und zum Objekt herabwürdigen - ein Vorgang, den  jeder aus eigener Behördenerfahrung kennt.

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Theater heute

Presse

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